EIT Climate-KIC DEMO-DAY 2019: Dem Klimawandel mit Innovationen begegnen
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04 Okt 2019
1911 hatte der junge Ingenieur Karl August Geyer eine große Vision vor Augen als er die Kino-Kopier-Gesellschaft m. b. H in Berlin gründete, welche etliche Jahrzehnte später als „die älteste Filmfabrik Deutschlands“ berühmt wurde. Eine Runde Digitalisierung später gibt es das ursprüngliche Unternehmen nicht mehr. Doch noch immer weht Innovation durch den ehemaligen Firmensitz in der Harzer Straße 39 in Berlin-Neukölln. Am 26. September 2019 – und damit mehr als ein Jahrhundert nachdem Geyer zum ersten Mal das Gebäude betrat – trafen sich am selben Ort, dem heutigen betahaus Neukölln, junge CleanTech-Start-ups beim EIT Climate-KIC Demo Day um ihre Innovationen im Bereich Klimaschutz vorzustellen.
Mit Innovationen Zukunft gestalten
Moderierend durch den Tag führte Fritz Lietsch, seines Zeichens Unternehmer, Visionär und Geschäftsführer des Magazins forum Nachhaltig Wirtschaften. Doch bevor er das erste der 16 pitchenden Start-ups auf die Bühne bat, überreichte er das Mikro Beñat Egaña, Co-Lead des europäischen EIT Climate-KIC Accelerators.
In seiner Welcome-Keynote sprach dieser über das große Warum hinter dem Accelerator-Programm: „Wir bei EIT Climate-KIC kämpfen zusammen mit unserer großen Partner-Community gegen den Klimawandel – und zwar mithilfe von Innovationen.“ Dafür müssen die Köpfe hinter den Innovationen mit Investoren zusammengebracht werden, so Beñat Egaña weiter, und genau darum gehe es heute beim Demo-Day.
Glücklicherweise geht das aber auch an allen anderen Tagen im Jahr – und zwar mithilfe des im letzten Jahr gelaunchten EIT Climate-KIC Investor Marketplace. Auf der größten Plattform ihrer Art können sich CleanTech-Start-ups und Investoren mit- und untereinander vernetzen.
Pitch-Runde 1: von Beton bis Kanalinspektion
Dann ging es auch schon los: Die ersten acht Start-ups präsentierten ihre Innovationen vor versammeltem Publikum. Den Anfang machte alcemy aus Berlin, das mit seiner Innovation Zement- und Betonproduzenten ermöglicht, keinen übermäßig starken Beton mehr herzustellen. Damit werden nicht nur Kosten gespart, sondern auch CO2-Emissionen drastisch gesenkt.
Direkt im Anschluss klatschte ab: Kraftblock aus München mit seinem thermischen Energiespeicher, triply aus Wien, mit einem umweltschonenden Event-Transportkonzept und Gaia Membranes, das mit einer neuartigen Batteriemembran die Kosten für die Speicherung erneuerbarer Energien in Strömungsbatterien und Wasserstoff drastisch reduzieren möchte.
Während der eineinhalbstündigen Pitch-Pause fielen alle Besucher mit einem Snack bewaffnet über die insgesamt 30 ausstellenden Start-ups her. Diese standen bereit, um alle Fragen der interessierten Teilnehmer zu beantworten. Mit dabei waren wie im letzten Jahr auch die Lebensmittelretter von SIRPLUS aus Berlin, die bestens genießbare, überschüssige oder abgelaufene Lebensmittel vor der Mülltonne bewahren.
Wer sich für klimafreundliche Sanierung von Häusern interessierte, landete schnell bei ecoworks, dem ersten deutschen Anbieter für Net Zero-Modernisierungen. Der Clou: Durch industrielle Vorfertigung, modulare Bauweise und hocheffiziente Energiesysteme werden Mehrfamilienhäuser mit bis zu vier Stockwerken innerhalb weniger Wochen saniert. Im Anschluss erzeugen sie dann über das Jahr gerechnet auch noch mindestens so viel Strom, wie die Mieter Wärme, Warmwasser und Haushaltsstrom verbrauchen.
Die erste Netzwerk-Stunde reichte längst nicht aus, um alle weiteren CleanTech-Startups kennenzulernen: Kamioni (Digitale Baulogistik), Leaftech (intelligente Sonnenschutzautomatisierung), Nano-Join (Silbersinterpasten), perto (Pumpentausch), qCoat (Wasserfilter), SunCrafter (Solargeneratoren aus Frühverlustsolarmodulen), Tracks (prädiktive Kraftstoffanalysen für LKW-Flotten) und WeGaw (Satelliten- und datengestützte Schneeüberwachung).
Pitch-Runde 2: von Fisch-Monitoring bis Burgerliebe
Um 17:30 Uhr griff Moderator Fritz Lietsch erneut zum Mikro. Jetzt wartete nämlich Pitch-Runde 2 auf alle Besucher. Die präsentierenden Start-ups Hydrogrid (Wien), FenX (Zürich), DABBEL (Berlin), MonitorFish (Berlin), AgroSustain (Zürich), Waterjade (München), Cirplus (Berlin) und REBEL MEAT (Wien) scharrten derweil schon nervös mit den Füßen.
Die unterschiedlichen Ideen aus allen Branchen, mit denen die jungen Unternehmer an den Start gehen, sorgten für Staunen: das intelligente Fisch-Monitoring von MonitorFish ist, das Fischfarmer in extremer Weise gegen Fischsterben unterstützt, das KI-Gebäudeverwaltungssystem von DABBEL, das Hotels oder Bürogebäude durch Leistungssteigerung in grünere Immobilien verwandelt oder die Idee von Christian Schiller, der mit Cirplus den ersten globalen Marktplatz für recyceltes Plastik zum Laufen bringen will.
Es sind zu viele Ideen, um sie alle einzeln zu beschreiben, obwohl sie es alle verdient hätten. Herausgepickt sei noch eines, dass es schaffte, bei den sonst so unvereinbar scheinenden Gruppen von Veganern bis Fleischessern und allem zwischendrin gleichermaßen Interesse hervorzurufen: REBEL MEAT. Hier werden Burger-Patties hergestellt, die zwar wie Fleisch schmecken, aber faktisch nur die Hälfte davon enthalten. Dazu wird lokales Bio-Rindfleisch mit heimisch verfügbaren Kräuterseitlingen vermischt. Damit wollen die drei Gründer den Fleischkonsum drastisch reduzieren – und die Welt ein Stück besser machen. Die Produktionsweise von REBEL MEAT könnte auch bei der Markteinführung von teurem „Clean Meat“, also Fleisch, das direkt aus Muskelzellen gezüchtet wird, genutzt werden.
CleanTech-Start-ups für Klimaziele
Während die Herbstsonne sich langsam aus Berlin verabschiedete wurde gelacht und diskutiert. Der Stimmung tat die einsetzende Dunkelheit keinen Abbruch: Investoren und Start-ups steckten ihre Köpfe zusammen, es wurden Empfehlungen ausgesprochen, Tipps gegeben und einander vorgestellt. Mittendrin Aimee Apel, Start-up Accelerator Co-Lead DACH, die sichtlich zufrieden den ausklingenden Abend genoss. „Auf den Demo-Day freuen wir uns jedes Jahr. Es ist die Chance für die Start-ups sich zu präsentieren. Es sind Innovationen von noch kleinen Teams, die versuchen, die Zukunft zu verändern. Wir bringen sie auf die Bühne, zeigen all ihre harte Arbeit, verbinden sie mit Menschen, die sie finanzieren können – das ist einfach großartig“, erklärt sie. „Wir alle sind angetrieben von einer Mission. Es geht um die 1,5 Grad Celsius – und es geht darum, die Art und Weise zu ändern, wie wir denken und wie wir uns im Alltag verhalten. Dafür sind wir hier.“