Interview mit refurbed „Wie neu, nur besser“
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09 Nov 2018
Das Start-up refurbed hat eine Plattform entwickelt, auf der vollständig erneuerte Elektronikprodukte mit Garantie gekauft werden können
Peter Windischhofer, Kilian Kaminski und Jürgen Riedl bieten mit ihrem im Februar 2017 gegründeten Start-up eine bessere Alternative zu Neu- und Gebrauchtprodukten, um steigender Umweltbelastung und Klimawandel entgegenzuwirken: refurbed mit Sitz in Wien ist ein Onlinemarktplatz für generalüberholte Elektronik. Die hochwertigen Produkte sind bis zu 40 Prozent günstiger als Neugeräte und sehr nachhaltig. Durch den Aufbereitungsprozess fallen 70 Prozent weniger CO2-Emissionen an als bei der Neuproduktion – und es wird ein weiteres Umweltproblem eingedämmt: Elektroschrott.
Für die Österreicher aus unserem Accelerator läuft es gut: Sie betreiben den am stärksten wachsenden Onlinemarktplatz für Refurbished-Produkte, pitchten erfolgreich in der bekannten Fernsehshow „2 Minuten 2 Millionen” und stehen in der Finalrunde für den Green Alley Award, der an europäische Gründer und Start-ups verliehen wird, die mit ihren innovativen Geschäftsideen die Kreislaufwirtschaft vorantreiben.
Wir haben mit Gründer Kilian Kaminski während des Climate-KIC Demo Days 2018 über die Idee zu refurbed, aktuelle Herausforderungen und Zukunftspläne gesprochen. Außerdem erzählte er uns, was es mit dem „refurbed-Wald” auf sich hat.
refurbed-Gründer Kilian Kaminski beim Climate-KIC Demo Day
Kilian, in drei Sätzen: Was ist refurbed?
Wir sind ein Onlinemarktplatz für Refurbished-Geräte. Das sind vollständig erneuerte Elektronikprodukte, die wieder wie neu aussehen und funktionieren. Auf unserer Plattform verkaufen ausschließlich ausgesuchte Händler mit jahrelanger Erfahrung im Refurbishment an Endkunden.
Es kann sich also nicht jeder bei euch anmelden und Elektronik verkaufen, richtig?
Nein, Händler müssen sich bei uns bewerben und werden während ihrer Verkaufstätigkeit konstant überprüft. Dazu müssen vor dem Verkaufsstart verschiedene Informationen bereitgestellt werden, unter anderem die Herkunftsdaten der Produkte. So stellen wir sicher, dass keine gefälschte oder geklaute Ware bei uns verkauft wird.
Warum sollte man sich entscheiden, ein vollständig erneuertes Gerät zu kaufen?
Dafür gibt es drei Gründe. Zum einen ist es der Preis: Bei uns liegen alle Geräte bis zu 40 Prozent unter dem Neupreis. Gleichzeitig gibt es kein Risiko: Der Käufer erhält mindestens ein Jahr Garantie und eine 30-Tage-Testphase. Entspricht etwas nicht den Erwartungen, kann das Produkt kostenlos zurückschickt werden. Der dritte Grund ist die Nachhaltigkeit: Jährlich entstehen mehr als 50 Millionen Tonnen Elektroschrott. Bei der Erneuerung von gebrauchten Produkten entfällt dieser weitgehend. Zusätzlich produziert ein Refurbished-Gerät bis zu 70 Prozent weniger CO2-Emissionen als ein Neugerät. Das liegt daran, dass beim Generalüberholen weniger Ressourcen verbraucht werden. Außerdem haben wir das „Plant a Tree”-Programm: Wir pflanzen für jedes verkaufte Produkt einen Baum in Haiti, Nepal oder Madagaskar.
Warum gerade diese drei Länder? Und warum Bäume?
Unsere Partnerorganisation „The Eden Projects” hat diese Länder ausgewählt, weil Aufforstung dort beispielsweise aufgrund von Erdbeben oder Erdrutschen besonders benötigt wird. Der verantwortungsvolle Umgang mit unserer Umwelt ist Teil unserer Firmenphilosophie. Wir ermöglichen durch den Verkauf von Refurbished-Produkten zwar 70 Prozent weniger CO2-Emissionen – dennoch bleiben die restlichen 30 Prozent, die durch den Aufbereitungsprozess entstehen. Das Pflanzen eines Baumes gleicht das jeweils wieder aus. Dadurch wird der Kauf bei uns CO2-neutral.
Gab es ein Schlüsselerlebnis, das euch zur Idee für refurbed geführt hat?
Einer unserer Gründer, Peter, hat ein gebrauchtes Handy über eine Kleinanzeigenplattform von einer Privatperson gekauft, also ohne Garantie. Schon nach zwei Wochen hat es den Geist aufgegeben und er musste sich ein neues Handy kaufen. Peter suchte dafür eine Lösung und wurde auf Refurbished-Produkte aufmerksam. Er stellte fest: Diese Produkte sind wie neu, nur besser. Schnell wurde klar, dass es schon viele Händler, aber keine Plattform gab, die ein breites Sortiment, einen guten Preis und ein tolles Einkaufserlebnis ermöglicht. Deshalb machen wir das jetzt.
Habt ihr ein konkretes Klimaziel?
Ja, das haben wir! Bisher haben wir 20 000 Bäume gepflanzt, 1,5 Millionen Kilogramm CO2-Emissionen und acht Tonnen Elektroschrott eingespart. Das wollen wir natürlich steigern. Momentan wachsen wir um circa 30 bis 40 Prozent pro Monat und damit erhöhen sich die Einsparungen an CO2 und Elektroschrott automatisch – und mit jedem Kauf kommt ein Baum hinzu. Unser Ziel ist es, die 1-Million-Bäume-Marke zu knacken und unseren refurbed-Wald zu vergrößern.
Was meinst du mit „refurbed-Wald”?
Wir nennen alle durch uns gepflanzten Bäume den „refurbed-Wald”, auch wenn sie nicht am selben Ort stehen. Wir haben das Ganze mal durchgerechnet, um die Zahl greifbarer zu machen: Der komplette erste Bezirk Wiens wäre von der Fläche her jetzt schon ein ganzer refurbed-Wald.
Was sind momentan eure größten Herausforderungen?
Primär ist es das Thema Wachstum. Wir brauchen mehr Mitarbeiter und müssen deshalb neue Strukturen schaffen. Gleichzeitig fangen wir gerade an zu expandieren. Wir testen zunächst den Markt in Polen und möchten herausfinden, inwieweit sich unser Konzept auch auf andere Länder neben Deutschland und Österreich übertragen lässt.
Letzte Frage: Was steht alles bevor?
Neben der Expansion möchten wir auch das Sortiment erweitern – also in viel mehr Kategorien wie Kameras, Küchengeräte oder Staubsauger gehen. Eigentlich kann alles, was eine Technikkomponente hat, auch refurbished werden. Unsere Vision ist, dass Kunden bei uns ihre gesamten elektronischen Haushalte kaufen können.
Außerdem dreht sich viel um das Thema Services: Dass wir heute mit einem Versicherungspartner zusammenarbeiten, hat seinen Ursprung in Kundenfeedback. Wir bekommen aber noch mehr Anfragen, zum Beispiel nach Handyverträgen, wenn Smartphones gekauft werden. Für solche Anliegen suchen wir Partner, die ähnliche Firmenphilosophien haben. Das sind die großen Themen, an denen wir bereits heute arbeiten.
Autorin: Anita Vetter, Freiberufliche Texterin und Redakteurin