Erneuerbare Energien, zu jeder Zeit: Gaia Membranes und die neue Effizienz in der Energiespeicherung
Aus den Beiträgen unter Aktuelles
13 Dez 2019
Kennt jeder: Nach wenigen Jahren, meist aber schon nach einigen Monaten, lässt die Leistung des Smartphone-Akkus spürbar nach. Wer sein Handy nicht ständig an die Steckdose fesseln will, dessen stetiger Begleiter wird fortan die Powerbank. Woran es liegt, dass Batterien so schnell schwächeln, wissen die wenigsten Nicht-Physiker. Zwei Gründer aber haben davon richtig Ahnung, denn bessere Effizienz für Energiespeicherung ist genau das, was sich Fabio Oldenburg und Elian Pusceddu auf die Fahne geschrieben haben.
Mit ihrem im Frühjahr gegründeten Start-up Gaia Membranes (ein Spin-off des Schweizer Paul-Scherrer-Instituts) sind sie ihrer Vision einer effizienten, günstigen, aber vor allem umweltschonenden Energiespeichertechnologie zum Greifen nahegekommen. Was jetzt noch fehlt? Die eigene Produktionsanlage, ein paar Demonstrationsprojekte – und dann kann die geplante Auslieferung im nächsten Jahr beginnen. Ihr Ziel: Eine Zukunft, in der erneuerbare Energien jederzeit verfügbar sind, auch wenn die Sonne nicht scheint und der Wind nicht weht. Im Mittelpunkt dieser Vision steht die effiziente Energiespeicherung – und die eigenentwickelte Amphion™-Membran.
Was das genau ist, und warum das Ganze nichts mit Smartphone-Batterien zu tun hat, das erklärte uns Fabio Oldenburg während eines Interviews beim EIT Climate-KIC Demo Day 2019.
Fabio, was bedeutet „Gaia Membranes“ – und was habt ihr vor?
„Gaia“ kommt aus dem Griechischen und bedeutet „Mutter Erde“. Wir möchten unseren Planeten erhalten, indem wir eine Gesellschaft mit hundert Prozent erneuerbaren Energien ermöglichen. Dafür sind Energiespeicher notwendig. Dessen Herzstück ist die Membran. Doch leider ist die Membran auch einer der Hauptgründe, warum Batterien heute noch relativ ineffizient und teuer sind. Genau dieses Problem haben wir mit der Amphion™-Membran gelöst. Unsere Ionenaustauschermembranen sorgt für eine Effizienzsteigerung von bis zu 20 Prozent in Vanadium-Redox-Flow-Batterien und reduziert so die Lagerhaltungskosten um bis zu zehn Prozent. So tragen wir dazu bei, den Wechsel auf erneuerbare Energien und Speicher zu beschleunigen.
Ihr sorgt also im Prinzip dafür, dass Batterien nicht mehr so schnell schlappmachen?
Genau, aber das gilt für eine bestimmte Art Batterie, die Vanadium-Redox-Flow-Batterie. Das sind nicht die Batterien, die in Smartphones oder Elektroautos verbaut sind – also Lithium-Ionen-Batterien. Wir haben uns auf die Vanadium-Redox-Flow-Batterie konzentriert, weil diese einen extremen Vorteil hat: eine extrem lange Lebenszeit. Lithium-Ionen-Batterien muss man nach ein paar Jahren wegschmeißen. Bei einer Vanadium-Redox-Flow-Batterie ist das nicht nötig. Sie kostet zwar am Anfang etwas mehr, dafür kann man sie locker 20 Jahre lang nutzen, ohne Verluste bei der Entladekapazität.
Warum ist die Vanadium-Redox-Flow-Batterie dann nicht in Smartphones verbaut?
Weil sie bei allen Vorteilen auch einen Nachteil hat: Sie ist deutlich größer. Ein Smartphone bräuchte eine Vanadium-Redox-Flow-Batterie von der Größe eines Mini-Kühlschranks. Damit fallen also alle mobilen Anwendungen raus. Vanadium-Redox-Flow-Batterien wird es also immer nur da geben, wo Platz ist, und wo es darum geht, möglichst günstig und umweltfreundlich Energie zu speichern – und das am besten für mehrere Jahrzehnte. Beispielsweise das Einsatzgebiet Speicherung von erneuerbaren Energien.
Warum ist die Vanadium-Redox-Flow-Batterie umweltfreundlich?
Einerseits, weil sie länger hält. Andererseits wegen ihrer Zusammensetzung. Wie jede Batterie besteht sie aus einem Elektrolyt – in diesem Fall Wasser, Vanadium und ein bisschen Säure. Vanadium ist ein ungefährliches Metall, ähnlich Eisen. Was die Vanadium-Redox-Flow-Batterie überhaupt nicht braucht, sind Katalysatoren, Schwermetalle oder seltene Erden.
Damit unterscheidet sie sich von der Lithium-Ionen-Batterie, dessen Problem gar nicht das Lithium ist, sondern das ebenso enthaltene Kobalt. Das wird oftmals unter extrem schlimmen Bedingungen abgebaut. Diese Probleme haben wir bei den Inhaltsstoffen der Vanadium-Redox-Flow-Batterie nicht. Mit unserer Membran wird diese Batterie effizienter, außerdem gibt es kein Kapazitätsfading mehr – die Ladezeit wird also nicht nach und nach kürzer.
Woran liegt das?
Jede Batterie hat einen zweiteiligen Tank. Die positive Seite enthält eine positive Lösung, die negative Seite eine negative Lösung. In der Mitte befindet sich die Membran als Trennschicht. Durch die Membran findet ein Austausch statt, der bisher ungleichmäßig ist, sodass sich der Elektrolyt immer weiter auf eine Seite verschiebt. Dann gibt es beispielsweise auf der positiven Seite viel positive Lösung, auf der negativen Seite deutlich weniger negative Lösung. Der geringere Anteil, bei diesem Beispiel die negative Seite, bestimmt, wie viel Energie die Batterie speichern kann. Man kann die Batterie zwar wieder „resetten“ – aber das geht nicht vollständig und senkt wiederum die Effizienz ab.
Wir haben uns die Membran genauer angeschaut und sie dann so verändert, dass ein gleichmäßiger Austausch zwischen positiver und negativer Lösung stattfindet, die Seiten also immer ausgeglichen sind.
Ihr habt also eine Membran entwickelt, die dafür sorgt, dass die langlebigen Vanadium-Redox-Flow-Batterien – egal, wie oft man sie auf- und entlädt – immer gleich effizient sind. Auch noch in zwanzig Jahren.
Genau. Und mit diesem Produkt sprechen wir Batteriehersteller an. Die Membran ist der wichtigste Teil einer Batterie, denn sie definiert Lebenszeit und Effizienz.
Wo steht ihr im Moment?
Wir bauen gerade eine Produktionsanlage auf, da wir derzeit noch aus den Laboren der Universität operieren. Außerdem haben wir die industrielle Validierung mit der Amphion™-Membran eingeleitet und unser erstes Demonstrationsprojekt verkauft. Zwei bis drei weitere sollen folgen, nächstes Jahr planen wir, die Auslieferung zu starten.
Letzte Frage: Was sind eure derzeit größten Herausforderungen?
Unsere größte Herausforderung ist Überzeugungsarbeit. Als Beispiel: Ein Autobauer würde nicht unbedingt das wichtigste Teil – wie den Motor – von einem Start-up kaufen. So geht es uns mit der Membran. Wir müssen große Batteriehersteller überzeugen, dieses entscheidende Batteriebauteil bei uns zu beziehen. Das ist ziemlich schwierig, weshalb wir momentan von Messe zu Messe fahren und mit vielen Kontakten sprechen.
Die zweite Herausforderung ist die Finanzierung der Hardware. Im Vergleich zu einem Software-Start-up brauchen wir gerade zu Beginn große finanzielle Mittel.
Wie hat euch EIT Climate-KIC auf eurem bisherigen Weg geholfen?
Zum Beispiel bei unserem investionsintensiven Start, da wir zunächst viele Materialien kaufen mussten, um unsere Membran von einem Prototyp zu einem Produkt zu entwickeln. Gleichzeitig ist aber das Risiko in dieser Phase noch so hoch, dass es keinen Sinn macht, beispielsweise an private Investoren zu treten. Dieses „Überbrücken“ war eigentlich nur mit Förderern wie EIT Climate-KIC möglich. Und gerade EIT Climate-KIC war unser Favorit – einerseits wegen der finanziellen Unterstützung, aber besonders auch im Hinblick auf das Kurs- und Trainingsangebot sowie das große Netzwerk.