Climathon Zürich: 24 Stunden für den Klimaschutz
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31 Okt 2018
Rund einen Monat vor dem UN-Weltklimagipfel COP 24 trafen sich am 26. Oktober 2018 Tech-Experten, Programmierer, Start-up-Unternehmer und kreative Köpfe zum diesjährigen Climathon in Zürich. Sie entwickelten in kürzester Zeit in kleinen Teams 18 neue Konzepte für einen besseren, lokalen Klimaschutz. Dabei standen vier Themen im Fokus: Mobilität, Ernährung, Heizung und Grünplanung (siehe Zürich Climathon Challenges). Der Climathon fand parallel in 113 Städten auf der ganzen Welt statt, darunter London, Lausanne, Sydney, Shanghai, Neu-Delhi, Khartum, Mexico City, und Paris.
«Seit dem jüngsten Sonderbericht des Weltklimarats (IPCC) zum Klimawandel stehen Regierungen und Städte auf der ganzen Welt unter Zugzwang. Die Herausforderung, die globale Klimaerwärmung auf 2 Grad zu begrenzen, ist so gross, dass es schwierig ist, das Ausmass und den Umfang der erforderlichen Massnahmen zu verstehen. Wir haben zehn Jahre Zeit, um radikale Veränderungen in allen Sektoren und vor allem in unseren eigenen Köpfen und Alltagsentscheidungen endgültig in Gang zu setzen»,
so Dr. Kirsten Dunlop, CEO von EIT Climate-KIC und Initiatorin des weltweiten Climathons.
Erfolgsversprechende Ideen für Zürich
Als beste Klimaideen wurden in Zürich u.a. eine Baumpflanz-Simulation, ein Programm zur Minderung von Geschäftsreisen, eine App zum Finden der richtigen Wohnung und eine Entscheidungshilfe bei Restaurantbesuchen ausgewählt. Die Gewinnerteams des Zürcher Climathons können sich über intensive Coachings bei der Weiterentwicklung ihrer Ideen freuen.
«Der Climathon in Zürich hat einmal mehr gezeigt, was in nur 24 Stunden entstehen kann, wenn so viele begeisterte Teilnehmer aus unterschiedlichsten Ländern sich gemeinsam für eine nachhaltige Zukunft einsetzen. Ich bin überzeugt, dass wir so einen wesentlichen Beitrag zu unseren Energiezielen in der Stadt erreichen können»,
sagt Romeo Deplazes, Bereichsleiter Lösungen bei Energie 360°.
Die Veranstaltung fand bereits zum dritten Mal in Zürich statt und lockte rund 80 aktive Teilnehmer sowie zahlreiche Experten und Coaches in das «Kraftwerk Zürich». Organisiert wurde der 24-stündige Hackathon von EIT Climate-KIC, einem internationalen Netzwerk für Innovationen gegen den Klimawandel, unterstützt durch die Stadt Zürich und Energie 360° (vormals Erdgas Zürich).
Umsetzungsstarke Unterstützung aus der Bevölkerung
«Es war sehr spannend, eine Klima-Challenge anzugehen und davon zu profitieren, dass so viele intelligente, ambitionierte, motivierte Leute bereit sind, daran zu arbeiten. Für uns hat sich dieser Einsatz gelohnt, da wir tatsächlich eine Lösung gefunden haben, wie wir mehr Grün in unsere Stadt bringen können, um die Folgen der Klimaerwärmung abzumildern»,
sagt Christine Bräm, Direktorin von Grün Stadt Zürich auf dem Climathon.
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Folgende Konzepte wurden beim Climathon 2018 in Zürich ausgezeichnet und werden mit weiteren Coachings von der Stadt Zürich, Energie 360° und EIT Climate-KIC gefördert:
TREELLIONAIRE
«Treellionaire ermöglicht es den Zürcher Bürgern, den Klima-Beitrag urbaner Bäume zu erfahren», sagt Christine Bürgi, Teilnehmerin des Climathon. Die App simuliert, welchen Einfluss Bäume auf das örtliche Klima haben. Spielerisch kann der Nutzer virtuell Bäume in Zürich pflanzen. Dabei zeigt das Programm die Temperaturreduktion in der unmittelbaren Umgebung an. Diese ist zwar beim Pflanzen einzelner Bäume sehr klein, wird aber bei mehreren Bäumen deutlich spürbar. Die sieben Studenten und Wissenschaftler des Instituts für Atmosphäre und Klima der ETH Zürich nehmen dabei die korrekte Berechnung der Simulation genauso ernst wie das spielerische Element der App. Das Programm kann auch bei der Identifizierung strategisch günstiger Plätze für neue Bäume in Zürich helfen.
AIM
Viele Geschäftsreisen sind unnötig. Daher möchte das Team um «AIM» (Augmented Interactive Meeting) den Entscheidungsprozess erleichtern, ob eine Reise überhaupt stattfinden muss, die (vermiedenen) Umweltkosten berechnen als auch eine bessere Alternative zu bestehenden virtuellen Konferenzsystemen entwickeln. In einem ersten Schritt ermittelt das Programm mittels einer Umfrage, ob eine Geschäftsreise tatsächlich einen Mehrwert für das Unternehmen bietet (z.B. erstmaliger, persönlicher Kundenkontakt) oder nicht. Sollte ein virtuelles Meeting die passendere Lösung sein, möchte AIM mittels einer «Augmented Reality»-Lösung (z.B. Google Glasses) ein weit persönlicheres und effektiveres Meetingerlebnis schaffen, als es derzeit üblich Lösungen, wie z.B. Skype ermöglichen. Ein direkter Blickkontakt als auch Untertitel in Echtzeit sollen im Gespräch möglich sein. «Wir helfen Unternehmen dabei, die Zufriedenheit, Produktivität und Nachhaltigkeit der Mitarbeiter mittels besserer virtueller Meetings zu erhöhen», sagt Gründungsmitglied Theodoros Aldakosik. Die Gruppe aus Innovationsexperten, Umwelt-, Industrie- und Software-Ingenieuren kommt aus Griechenland, Deutschland, Ungarn und Brasilien und hat sich auf dem Climathon in Zürich kennengelernt.
HOMEWAY
Wo sollte man als Zürcher Wohnungssuchender eine Wohnung mieten, um möglichst wenig unterwegs sein zu müssen? Mit dieser Frage hat sich ein fünfköpfiges Team aus einem Maschinenbauer, einem Programmierer, zwei Ökonomen und einer Geographin beschäftigt. Herausgekommen ist mit «Homeway» eine App, bei der Zürcher auf Wohnungssuche herausfinden können, welche Wohnung dafür die beste Lage hat. Schliesslich haben kürzere Fahrten auch meist einen kleineren CO2-Ausstoss. Grundlage dafür sind auf einer Karte definierte «Points of Interest», z.B. die Schule der Kinder, der Arbeitsplatz und die Wohnung einer guten Freundin. Mittels einer Schnittstelle zu Google Maps berechnet die App, wieviel Zeit ein typisches Bewegungsmuster pro Tag oder Woche je nach Lage einer Wohnung einnimmt. Diese Daten können mit einer bestehenden Wohnungswebsite verknüpft werden und so ein Ranking ermöglichen, welches Wohnungen mit einer günstigen Lage bevorzugt. «Homeway macht den Heimweg somit schneller», sagt Team-Mitglied Shathu Vasa.
FOODPRINT
Die Nutzer der App «Foodprint» können bei einem Restaurant-Besuch in Zürich ein Bild des Menüs hochladen. Das Programm scannt die Gerichte und ordnet das Menü neu: Gerichte mit einem niedrigen, also guten Umweltwert werden zuerst aufgelistet, abhängig vom CO2-Fussabdruck und Wasserverbrauch der Zutaten. «Wir wollen den Menschen helfen, umweltfreundlich zu handeln und Informationsbarrieren zu umgehen», sagt Climathon-Teilnehmerin Michèle Bolle. Bei regelmässiger Nutzung werden virtuelle Baumsegmente gutgeschrieben, die gegen die Pflanzung eines echten Baumes eingelöst werden können. Restaurants, die dauerhaft schlecht abschneiden, bietet die Gruppe einen Beratungsservice an: «Wenn wir 300 Restaurants in Zürich helfen könnten, 20 % des CO2-Verbrauchs zu reduzieren, würden wir 6000 Tonnen CO2 jährlich einsparen», sagt Team-Mitglied Nicolas Berlinger.
ZÜRICHIPS
Das Team rund um ZüriChips möchte etwas gegen Lebensmittelabfälle in Zürich tun. Dafür verwandeln sie Brot, welches Bäckerei nicht mehr verkaufen können, in Chips. Diese haben im Vergleich zur regulären Variante nur einen halb so grossen CO2-Fussabruck. Die Idee gibt es zwar schon seit Juni dieses Jahres (www.zuerichips.com), dennoch haben die Teammitglieder den Climathon genutzt, um intensiv an ihrem Projekt weiterzuarbeiten. Da die Chips in Zürcher Bars verkauft werden, wurden spannende Prototypen für Verpackung und Servietten geschaffen. Sprüche wie «Biologisch ist logisch», «Strawberries don’t like skiing. Eat seasonal.» oder «All you can eat. Not more.» sollen die Aufmerksamkeit auf eine nachhaltige Lebensweise lenken. «Uns geht es nicht nur um Chips, es geht auch um eine Verhaltensänderung bei den Zürchern. Die Chips schmecken nicht nur gut, sie geben auch ein gutes Gefühl», sagt Moky Cipelletti. Noch werden alle Chips mit viel Fleiss handgemacht. Mit der Unterstütztung von Energie 360° wird das Team nun an der Skalierbarkeit der Idee arbeiten, um «Investor-Ready» zu werden. Schliesslich sollen so viele Schweizer wie möglich von der positiven Message der ZüriChips erfahren.
Das ehemalige Elektrizitätswerk der Stadt Zürich war erneut die Location des Climathon.[/caption]
Über den Climathon
113 Städte auf sechs Kontinenten waren am 26. und 27. Oktober für 24 Stunden durch den Climathon vereint. Unternehmer, Studenten und politische Entscheidungsträger arbeiteten zusammen, um neue Lösungen für lokale Probleme im Zusammenhang mit dem Klimawandel zu finden. Die Teilnahme stand allen Interessierten offen. Initiator des Climathon ist EIT Climate-KIC, Europas Initiative für klimafreundliche Innovationen. Als EU-Programm 2010 ins Leben gerufen, fördert EIT Climate-KIC in 28 europäischen Ländern Innovationsprojekte, Start-ups und Nachwuchsinnovatoren, um unternehmerische Lösungen für den Klimaschutz voranzutreiben.
Weitere Informationen zum Climathon finden sich unter: https://climathon.climate-kic.org
AutorIn: Redaktion
Bilder: Armin Nussbaumer